Stadtkinder als Melkkühe

Wie können Stadtkinder für das Land begeistert werden? Wie kann unser Nachwuchs die faszi-nierenden Seiten des Landes erfahren und wie können Kinder und Jugendliche auch für die Produktion von Lebensmitteln sensibilisiert werden? Wie kann eine Brücke zwischen Land und Stadt für Kids gebaut werden?
Landschulwochen, Schulschikurse oder einfach Ausflüge aufs Land könnten dazu

ganz wertvolle Beiträge leisten, um unseren Nachwuchs das Land in seiner Gesamtheit erleben zu lassen. Nicht nur die gemeinsame Zeit mit Freunden und Mitschülern steht im Vordergrund, sondern vor allem das Kennenlernen von Land, Leuten, Kultur etc…
Mein Patenkind verbrachte die letzten Tage mit seiner Schulklasse in einer wunderschönen Region. Tolle Ausflüge in die Natur, sportliche Aktivitäten bereicherten den Tag. Einzige Schattenseiten: Die Unterkunft war eine heruntergekommene Herberge und das miese Essen verdarb diesen tollen Ausflug. Dass man sich nicht den Standard eines Vier-Sterne-Hotels erwarten darf, ist klar. Unklar ist mir allerdings, warum man gerade Kindern diesen unteren Standard zumutut? Gerade sie sind doch die Touristen von Morgen und die Konsumenten landwirtschaftlicher Produkte. Diese jungen Leute sollte man doch als künftige Gäste und Besucher willkommen heißen. Ihnen mit guten Lebensmitteln auch Werte wie gesund, natürlich, selbst gemacht, wohl schmeckend etc. vermitteln. Die Herbergen brauchen keine Luxushotels zu sein, aber ein bisschen Atmosphäre kann doch nicht zuviel verlangt sein.
Einige Tourismusregionen treten dafür ein, dass Schulen wieder vermehrt Schulschikurse durchführen. Diese fanden in letzter Zeit immer weniger statt, da sie vor allem wegen der Kosten für einige Familien schlichtweg nicht leistbar waren. (Diese Kurse sind alles andere als billig!) Wenn dann aber doch diese Schulschikurse stattfinden, dann sollten die Anbieter auch Adäquates dafür bieten. Kinder ausschließlich als touristische Durchlaufposten zu sehen und zu benutzen, um eine Bettenauslastung zu gewährleisten, ist auf alle Fälle der falsche Weg.
Ich höre immer wieder von ähnlichen negativen Erfahrungen aus meinem Bekanntenkreis, die mich an die Schikurse und Landschulwochen meiner eigenen Jugend erinnern. Nichts scheint sich da innerhalb von Jahrzehnten verändert zu haben. Gehen wir mal trotzdem davon aus, dass es sich bei den Anbietern solcher mieser Schülerherbergen um Ausnahmen handelt. Diese Ausnahmen sind aber nicht nur für die Besucher ein nachhaltiges negatives Erlebnis, sondern sie tun einer ganzen Region nichts Gutes. Mit der leichtfertigen Überlegung „die brauchen eh’ nicht mehr zu kommen“, ist Vorsicht geboten. Die Gefahr, dass sie wirklich nicht mehr kommen, ist nämlich sehr groß. Und es ist unfair jenen gegenüber, die mit einer gewaltig hohen Anstrengung und Qualität zu einem guten Preis/Leistungsverhältnis, dem Städter einen genussreichen und erholsamen Landaufenthalt ermöglichen.

Photo: Photocase/math1as

2 Gedanken zu „Stadtkinder als Melkkühe

  • 16. Mai 2011 um 21:57 Uhr
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    Ad Stadtkinder als Melkkühe.
    Ich habe den Geschmack des künstlichen Billigsaftes, den es zum Frühstück als Tee gab und mittags als Kaltgetränk, über Jahre verdrängt – durch diesen Artikel ist er leider wieder in mein Bewusstsein gekommen. Anscheinend hat sich in den letzten Jahrzehnten im Umgang mit Schülergruppen nicht viel verändert. „Als Gäste von Heute und Morgen“ werden sie nicht gesehen. Dass man als Gastgeber aber viel bewirken kann, habe ich erst letztes Wochenende im Obersulzbachtal erlebt – in der Postalm bei Trude und Ernst Pichler. Ich habe gelernt, dass man selbst noch Erwachsene erziehen kann. Wenn die Hütte vor Sauberkeit strahlt, die Schuhe in Reih und Glied stehen und im Gemeinschaftsbad kein Makel zu finden ist, fügt man sich als Gast ein, man weiß sofort was zu tun ist – und was nicht. Und wenn am Frühstückstisch auf jedem Platz auch ein Schälchen mit Joghurt und Müsli steht, frisch garniert mit Früchten und Minze, dann freut man sich als Gast und isst das Joghurt gerne. Trude will so erreichen, dass es sauber bleibt und die Gäste ihr gesundes Frühstück essen: „Trude lachend:…seit ich das Joghurt so hübsch serviere, isst es fast jeder auf. Früher am Buffet in der großen Schüssel haben es die meisten nicht angerührt.. “
    Bleibt nun die Frage, was wollen die Schulausflugsherbergen mit unatraktiven Sälen, lieblos angerichteten Fertigprodukten und kaum motiviertem Personal eigentlich bewirken ? …

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    • 20. Mai 2011 um 18:41 Uhr
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      Liebe Ursel,
      bei deiner Beschreibung kommt mir auch gleich der Geschmack des grauslichen Tees in den Sinn…bääh! Ich gebe Dir Recht – es ist mit ganz wenigen Mitteln möglich, etwas nett und appetitlich herzurichten. Leider sehen aber viele Betreiber nur das schnelle Geld und vermeinen, Jugendliche über den Tisch ziehen zu können. Aber wie ein Sprichwort sagt: man trifft jemanden immer zweimal im Leben!

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