Stadtbäume: Die grünen Lungen unserer Stadt kämpfen ums Überleben

Baumführung StadtbäumeStadtbäume sind für das Wohlbefinden der StadtbewohnerInnen von enormer Bedeutung. Sie spenden Schatten, verbessern die Luftqualität, bieten Lebensraum für Tiere und tragen zur Regulierung des Stadtklimas bei. Gerade in Zeiten des Klimawandels sind sie unverzichtbar. Doch Stadtbäume stehen vor großen Herausforderungen: Versiegelte Böden, Hitze, Trockenheit und Schädlinge setzen ihnen zunehmend zu. Um diese Probleme besser zu verstehen, habe ich an einer Baumführung im Wiener Nordbahnviertel teilgenommen. Dabei erfuhr ich eine Menge darüber, dass es unseren Bäumen gar nicht so gut geht.

Herausforderungen der Stadtbäume

Die Führung leitete Alexander Mayr-Harting, Forstwirt und Gründer der Initiative „Zukunft Stadtbaum“. Der Experte sprach eindrucksvoll über die vielen Herausforderungen, denen Stadtbäume täglich ausgesetzt sind, und erklärte uns anhand konkreter Beispiele direkt vor Ort, woran die Bäume leiden. Besonders prägnant waren einige Bäume, die durch Sonnenbrand geschädigt sind – ein Problem, das durch einen einfachen weißen Anstrich vermieden werden kann. Mayr-Harting machte deutlich, dass gerade im Winter die starken Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht den Bäumen zusetzen. Glücklicherweise gibt es in Wien bereits private Gruppen, die Baumstämme weiß anstreichen, um sie vor dem gefährlichen Sonnenbrand zu schützen und so einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung des Stadtgrüns leisten.

 

Nachhaltige Bewässerung und widerstandsfähige Baumarten

Ein weiterer Schwerpunkt war die richtige Bewässerung, die für das Überleben besonders junger Bäume entscheidend ist. Gießsäcke, die eine nachhaltige Methode zur Wasserversorgung bieten, sind hier ein wichtiger Faktor. Zwischen 50 bis 70 solcher Sackfüllungen pro Woche sind notwendig, um den Wasserbedarf einzelner Bäume zu decken.

Auch die Wahl der richtigen Baumarten spielt eine wichtige Rolle. Ein Beispiel ist die rotblühende Kastanie, die widerstandsfähig gegenüber Schädlingen wie der Miniermotte ist und schnell wächst. In der „Freien Mitte“, einem großzügigen Naturgebiet im Nordbahnviertel, zeigt sich außerdem, wie Naturverjüngung ohne menschliches Eingreifen möglich ist. Hier konnte man unter anderem zwei beeindruckende, alte Graupappel entdecken, um die herum junge Triebe aus dem Boden aufkeimen.

Baumführung Stadtbäume
Rote Kastanienbäume: widerstandsfähig und schnell wachsend

Verbindung zwischen Baumkrone und Wurzelsystem

Ein eindrucksvolles Beispiel für die Komplexität der Baumgesundheit ist die Beziehung zwischen Krone und Wurzel, die Mayr-Harting anhand des Bildes einer Sanduhr verdeutlichte. Beide stehen in direkter Abhängigkeit voneinander – die Pflege der Krone ist genauso wichtig wie der Schutz der Wurzeln.

Viele der in Wien gepflanzten Jungbäume stammen jedoch nicht aus der näheren Region und durch den langen Transport sind sie bereits gestresst, bevor sie überhaupt eingepflanzt werden. Dieser Stress schwächt ihre Widerstandsfähigkeit erheblich, was eine nachhaltige Pflege vor Ort umso wichtiger macht. Besonders bei Bäumen, die nicht an das lokale Klima gewöhnt sind, erfordert es langfristige Anstrengungen, damit sie gesund gedeihen können.

Herausforderungen in den städtischen Hundezonen

Auch in den städtischen Hundezonen brauchen Bäume Schutz, denn der Urin der Tiere kann sie schädigen. Die Bäume sollten daher eingezäunt werden, um sie zu schützen.

Nicht nur in Hundezonen, die teils mit Bäumen, teils ohne geplant werden, auch in anderen Erholungsgebieten ist für Mayr-Harting ersichtlich, dass es oft an durchdachten Konzepten für die Stadtbegrünung fehlt. Häufig werden günstige Lösungen bevorzugt, die jedoch langfristig nicht immer erfolgreich sind.

Baumführung Stadtbäume
In Hundezonen brauchen Bäume Schutz

 

Mitmachen für eine gesunde Zukunft der Stadtbäume

Die Baumführung zeigte eindrucksvoll, wie viel Wissen und Arbeit nötig sind, um eine nachhaltige und gesunde Stadtbegrünung zu gewährleisten. Es braucht dabei eine langfristige, durchdachte Pflege und ein starkes Bewusstsein für die Bedürfnisse der Natur in der Stadt. Jeder kann dabei einen Beitrag leisten: Baumpflege-Mängel wie zusammengefaltete, nie genutzte Gießsäcke, trockene Baumscheiben oder Blattverfärbungen bei Neupflanzungen können schnell und unkompliziert über die App „Sag’s Wien“ gemeldet werden. Über die Kategorie „Grünflächen“ lassen sich Standort, Fotos und ein kurzer Text an die Stadt übermitteln, um die Pflege der Stadtbäume zu verbessern. So können wir gemeinsam dazu beitragen, unsere städtische Natur langfristig zu schützen und zu erhalten.

Weitere Informationen

Wertvolles Tool für Baumfreunde: der Baumkataster
Ein besonderes Angebot für alle Baumfreunde ist der Baumkataster der Stadt Wien. Hier kann man sich über die Bäume in der eigenen Umgebung informieren. Diese Transparenz hilft, das Bewusstsein für die städtische Natur zu schärfen und bietet die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden und sich für den Erhalt der grünen Oasen in der Stadt einzusetzen.

Baumführung Stadtbäume
Die TeilnehmerInnen der Baumführung im Nordbahnviertel mit Alexander Mayr-Harting (4. von rechts).

 

 

Die Freie Mitte

ist der neue zentrale Freiraum im Nordbahnviertel. Das Areal wurde vielseitig gestaltet und vereint Natur- und Erholungsräume. Historische Elemente des ehemaligen Bahnhofs wurden integriert. Naturnahe Bereiche schaffen Lebensräume für Tiere und Pflanzen, während gestaltete Freiflächen wie Spiel- und Sportplätze den Bedürfnissen der AnwohnerInnen gerecht werden. So entstand ein Rückzugsort für Mensch und Tier.

Diese Baumführung wurde von Die Grünen Leopoldstadt organisiert.

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