Der gelernte Weinküfer Philipp Rieger macht im Südwesten Baden-Württembergs ausgezeichnete Weine. Sein nahe der französischen Grenze gelegenes Weingut wird nach Demeter-Richtlinien betrieben. Für Rieger bedeutet bio-dynamischer Landbau eben Verantwortung übernehmen und eine Zukunft für die nächste Generation sichern. Sie sind 2005 in das Weingut Ihrer Eltern eingestiegen, waren aber vorher schon aktiv im Weinbau tätig.
Philipp Rieger: Ich war 2004 in der Toskana auf einem Bioweingut und ab 2005 bis 2009 parallel im Bio-Weingut Zähringer in Heitersheim tätig. Dort habe ich bei einem der größten Pioniere des ökologischen Weinbaus, bei Paulin Köpfer, meine Ausbildung zum Weinküfer absolviert. 2008 habe ich dann in Freiburg den Winzermeister gemacht.
Haben Ihre Eltern schon den Betrieb bio geführt?
Philipp Rieger: Mein Vater hat sich schon immer dafür interessiert und schon länger umweltschonenden Weinbau praktiziert. Der Schritt zum ökologischen Weinbau kam dann erst 2005, als ich mit ins Weingut einstieg.
Bio allein reicht Ihnen nicht. Sie betreiben das Weingut zusätzlich noch nach Demeter-Richtlinien. Warum das?
Philipp Rieger: Ich habe 2009 ein Seminar besucht, das mich sehr beeindruckt hat. Dort konnte ich sehen, dass es doch nochmal einen feinen Unterschied zwischen bio-organisch und bio-dynamisch gibt. Es ist einfach die Harmonie, die sich durch diese Wirtschaftsweise ergibt, z. B. im Wachstum der Triebe oder der Farbverlauf des Blattgrüns. Und ich bin davon überzeugt, wenn wir das bestmöglichste für die Rebe tun, dann kann diese in Balance wachsen und gedeihen, und sie dankt es uns mit fantastischen Trauben.
Inwiefern unterscheidet sich Weinbau nach Demeter von einem konventionellen Betrieb?
Philipp Rieger: Die größten Unterschiede sind die Düngung, der Pflanzenschutz und die Stockpflege. Wir verzichten auf synthetischen Stickstoffdünger und säen stattdessen Pflanzen, die den Luftstickstoff binden und für die Rebe verfügbar machen. Im Pflanzenschutz sind wir von den zur Verfügung stehenden Mitteln und deren Ausbringmenge stark beschränkt. Wichtig sind aber auch die Kulturmaßnahmen zur Vermeidung von Pilzinfektionen z. B. eine mäßige Entblätterung der Traubenzone, was zur schnelleren Abtrocknung nach Tau oder Regen führt. Wir verwenden auch keine Insektizide, hier setzen wir auf Artenvielfalt und die natürliche Balance der Arten. Wir arbeiten zudem mit Präparaten, die die Widerstandskraft erhöhen, Umset-zungsprozesse im Boden unterstüt- zen und die Energie von Sonne, Mond und Erde besser wirken lassen. Das Wichtigste ist, das man das alles als ein großes System ansieht und alles, was man tut auf viele Dinge Auswirkungen hat.
Demeter-Betriebe haben es in der landläufigen Meinung nicht ganz einfach. Da gibt es Meinungen, die Demeter Esoterik u.ä. nachsagen. Wie gehen Sie damit um?
Philipp Rieger: Sicher gibt es immer Menschen, die an Demeter oder überhaupt an Bio etwas zu nörgeln haben. Aber das soll uns nicht hindern. Menschen, die auf sich und die Umwelt achten, schätzen diese Produkte. Und diese Gruppe an Menschen wächst!
Der Erfolg gibt Ihnen recht: Ihre Weine wurden bereits mehrfach ausgezeichnet. Was bedeuten Ihnen diese Auszeichnungen?
Philipp Rieger: Letztes Jahr wurde unser Arbeiten mit einigen Auszeichnungen belohnt. Gleich drei Weine wurden zu den besten BioWeinen Baden Württembergs gekürt. Außerdem wurden wir in den wichtigsten deutschen Weinführen „Eichelmann“ und „Gault Millau“ aufgenommen. Was uns eigentlich am meisten freut ist, dass uns unsere Kunden immer wieder loben und bestätigen.
Wie würden Sie Ihren Wein geschmacklich bezeichnen? Entspricht er Moden?
Philipp Rieger: Wir haben etwa 12 verschiedene Sorten, woraus wir etwa 20 bis 25 verschieden Weine produzieren und alle schmecken anders. Aber alle meine Weine sind ehrlich, nicht überzogen oder „gemacht“ – sie sind gewachsen. Jeder Wein hat einen Ursprung: den Weinberg und den soll man auch schmecken. Sie leben von der Frucht, der Klarheit und Eleganz. Ob meine Weine einer Mode entsprechen? Feine Weine von einem jungen authentischen Winzer sind momentan in Mode.
Viele Konsumenten halten Bio für eine gute Vermarktung, um Produkte teurer verkaufen zu können. Ist Bio-Wein automatisch teurer als konventioneller?
Philipp Rieger: Zunächst einmal: Der Preis für einen Wein, bei dem ein Winzer angemessen für seine Arbeit entlohnt wird, muss mindestens 5-6 Euro pro Flasche sein. Soll es dann noch ein guter Wein sein, müsste er mehr kosten – ob bio oder konventionell. Bio ist grundsätzlich mehr Arbeit und mehr Risiko für den Winzer. Ich als Biowinzer möchte eine Qualität erzeugen, die über dem Durchschnitt liegt. Letztlich sehe ich Bioprodukte als Premiumprodukte, deshalb kosten sie auch mehr. Aber es gibt noch etwas anderes, worauf ich aufmerksam machen möchte: Strom aus Kernenergie ist auch günstiger als Ökostrom. Aber welche Schäden zahlt dabei die nächste Generation? Bio-Landbau heißt Verantwortung übernehmen und Zukunft sichern im Bereich Artenschutz, Grundwasserschutz oder Erosionsschutz.
Ihr Wein ist nicht nur bio, sondern auch vegan. Das heißt, Sie geben dem Wein keine tierischen Zusatzstoffe bei. Was heißt das für Produktion und Kellertechnik?
Philipp Rieger: Es gibt verschie- dene tierische Eiweiße zur Ab- rundung der Gerbstoffe. Nun wir achten darauf, dass wir gesunde vollreife Trauben ernten, da sind die Gerbstoffe ohnehin schon milder. Dazu kommt, dass wir sehr schonend verarbeiten, das heißt, dass wir die Kerne nicht verletzen, die sehr viel Gerbstoff beinhalten. Letztlich bedeutet dies, wenn nichts Störendes im Wein ist, braucht man auch nichts abrunden.
Sind vegane Weine im Kommen?
Philipp Rieger: Es ist nur eine kleine Nische, aber wir bieten es gerne an.
Welche veganen Sorten bieten Sie an?
Philipp Rieger: Eigentlich sind fast alle unsere Weine vegan.
Ist veganer Wein eine logische Konsequenz des Demeter-Anbaus? Das heißt: Sind alle Demeter-Weine vegane Weine?
Philipp Rieger: Es ist sicherlich auch eine Konsequenz, aber ich weiß dennoch nicht, ob alle Demeter-Weine vegan sind. Aber vielleicht wird es in Zukunft mal so sein.
Wie sind Sie auf vegane Weine gekommen. Gibt es in Ihrer Familie Veganer?
Philipp Rieger: Nein, wir selbst sind keine Veganer oder Vegetarier. Während der Zusammenarbeit mit anderen oder auch beim Einkaufen im Biomärkten stolpert man immer mehr über das Thema „vegan“ und ich hab’ mich einfach gefragt, ob dies nicht auch im Wein umsetzbar ist – und es geht.
Welche Vertriebsschienen wählen Sie für Ihren Verkauf? Sind Sie auch auf Messen mit dabei?
Philipp Rieger: Unsere Weine bekommt man in einigen Weinfachgeschäften, in Bio-Lebensmittelmärkten und wir versenden deutschlandweit.
Was würden Sie sagen, ist das Schwierigste, um als junger Winzer heute mit seinem Wein durchstarten zu können?
Philipp Rieger: Man braucht ein gutes klares Konzept, ein Ziel, Mut und Zeit, dann klappt es. Aber für mich ist der Faktor Zeit das schwierigste, die Zeit ist immer knapp. Man eilt von einem Termin zum anderen und Familie hat man auch noch. Auf der anderen Seite ist der Beruf des Winzers so umfangreich und immer interessant. Kein Jahr ist wie das andere und man muss immer einen Schritt voraus sein. Dazu kommt natürlich das Produkt Wein, das eine unglaubliche Geschichte und einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft besitzt. Es ist einfach schön mit diesem Produkt zu arbeiten.
Danke für das Interview!