Biene sticht Goliath

Bienen sind als friedliebende Tierchen bekannt. Hin und wieder zeigen sie aber ihren Stachel und stechen zu. So geschehen vor wenigen Tagen. Gentechnik-Gigant Monsanto hat den Stachel in Form des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 6. September zu spüren bekommen. Danach darf Honig keine Zutaten enthalten, die aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt wurden, wenn diese in der EU nicht als Lebensmittel zugelassen sind. Dazu zählt der verunreinigte Pollen, der im Honig des klagenden Imkers gefunden wurde. Mit diesem Richterspruch müsse kein Imker mehr in dem von ihm produzierten Honig Gentech-Pollen und kein Verbraucher gentechnisch verunreinigten Honig akzeptieren. „Das Urteil stärkt die Position von Imkern und Konsumenten, die sich nicht der Wirtschaftsmacht internationaler Saatgutkonzerne beugen“, so der Bioland-Präsident Jan Plagge. Mit dem Urteil haben Imker nun einen Anspruch auf Entschädigung, wenn ihr Honig mit gentechnisch veränderten Pollen verunreinigt ist.
Und das ist mehr als begrüßenswert, waren doch in der letzten Zeit die Imker und Bauern die blöden. Sie wurden zur Kassa gebeten, wenn sich gentechnisch veränderte Organismen im Honig, in ihren Produkten fanden oder auf ihren Feldern verbreiteten. Das wohl bekannteste Beispiel ist der kanadische Landwirt Percy Schmeiser. Auf seinen eigenen Rapsfeldern wuchs gentechnisch veränderter und patentierter Raps von Monsanto, der von Schmeiser nicht selbst ausgesät wurde. Schmeiser nutzte diese gentechnisch veränderten Pflanzen für die Wiederaussaat. Deswegen wurde er von Monsanto wegen Patentverletzung verklagt. Für seinen Widerstand gegen Monsanto und die Grüne Gentechnik wurde Schmeiser 2007 mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.
Ob der Richterspruch des EuGHs vom 6. September bedeutet, dass künftig viele Importhonige mit nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen aus den Regalen der europäischen Lebensmittelmärkte verschwinden werden, wird die Zukunft zeigen. Eines kam mit dem Urteil aber klar rüber: Auch gegen Monsanto ist ein Kraut gewachsen.

Der Imker Timo Bablok entfernt Bienenvölker wegen den Anbau von Genmais in der Nachbarschaft
Photo: Timo Bablok

7 Gedanken zu „Biene sticht Goliath

  • 14. September 2011 um 09:50 Uhr
    Permalink

    Wenigstens konnte ein Richter sich überwinden und einmal wirkliches Recht sprechen! Die Machenschaften von Monsanto sind teilweise unglaublich. Grundsätzlich sollte jeder Bauer seine Ware auf gentechnische Verunreinigungen mit Monsanto Patent untersuchen lassen und im Falle eines positiven Ergebnisses Monsanto auf Schadensersatz klagen. Warum sollte ich wenn ich es nicht gesät habe diesen Mist ernten, geschweige verzehren wollen!
    Mit freundlichen Grüßen und tiefster Verachtung gegen die Fa. Monsanto
    Alexander Zöller

    Antwort
    • 14. September 2011 um 10:07 Uhr
      Permalink

      Ja, dieses Beispiel zeigt sehr schön, dass man auch „als Kleiner“ was ausrichten kann und dass es durchaus Wege und Möglichkeiten gibt, Veränderungen einzuleiten. Mehr davon wäre wünschenswert.

      Antwort
  • 14. September 2011 um 23:27 Uhr
    Permalink

    So einfach ist die Sache leider nicht: Der EuGH hat lediglich festgestellt, dass Honig, der nachweisbar genetisch veränderten Pollen enthält, als Lebensmittel anzusehen ist, dass nach der entsprechenden Verordnung als „Lebensmittel, das Zutaten enthält, die aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt werden“ zu qualifizieren ist. Ein solcher Honig bedarf, um rechtmäßigerweise in den Verkehr gebracht zu werden, einer Zulassung.
    Nun wurden im Honig von Hrn. Bablok „sehr geringe Mengen“ (so der EuGH) von genetisch veränderten Pollen nachgewiesen. Das hieße, dass dieser Honigjedenfalls zugelassen werden müsste, da es hier keine Toleranzschwellen gibt.
    Wo es allerdings eine Toleranzschwelle von 0,9 % pro Zutat gibt, ist die Kennzeichnungspflicht. Das heisst, es könnte sehr wohl gentechnisch veränderter Honig, der unter 0,9 % gentechnisch veränderten Pollen enthält und zugelassen ist, rechtmäßigerweise in den Handel kommen – ohne das der Verbraucher an der Verpackung merkt, dass es ein gentechnisch verändertes Lebensmittel ist.
    Importhonige, die weniger als 0,9 % genetisch veränderten Pollen enthalten und als GVO-Lebensmittel zugelassen sind, können daher auch in Zukunft ohne Kennzeichnung verkauft werden. Enthalten sie mehr als 0,9 %, so sind sie als „Lebensmittel, das Zutaten enthält, die aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt werden“ zu kennzeichnen.
    Abgesehen von der Diskrepanz zwischen Zulassung und Kennzeichungspflicht wird die kritische Frage für die Imker sein, wer für die Kosten eines Zulassungsverfahrens aufkommen soll – sofern man als Imker überhaupt anstrebt, gentechnisch beeinträchtigen Honig in den Verkehr zu bringen. Denn auch wenn zumindest in Deutschland eine grundsätzliche Schadenersatzpflicht besteht, die diejenige trifft, die GVO-Pflanzen anbauen, steht noch lange nicht fest, wer den Eintrag von genetisch veränderten Pollen wirklich verursacht hat, z. B. wenn es Eintragsquellen verschiedener potentieller Schädiger gibt.
    Das Urteil lehrt im Wesentlichen nur, dass es kein Zurück mehr gibt sobald die Büchse der Pandora geöffnet ist – der Verbraucher und auch Produzenten, die nicht auf Gentechnik setzen, müssen der Kraft des Faktischen weichen; und sie müssen auch die Zeche zahlen, denn das Monsanto hier jemals Schadenersatz zahlen wird ist juristisch so gut wie ausgeschlossen. Wenn der gentechnisch veränderte Pollen erst mal da ist, kann ihn also auch der EuGH nicht mehr aus der Welt schaffen.
    Medial weniger beachtet ist am 8. 9. übrigens ein weiteres Urteil des EuGH zum Gentechnikrecht ergangen, in dem der Gerichtshof die engen Grenzen herausarbeitet, in denen ein Mitgliedstaat den Anbau von GVO-Pflanzen verbieten kann: http://curia.europa.eu/jcms/jcms/P_78852/

    Antwort
    • 15. September 2011 um 07:51 Uhr
      Permalink

      Hallo Toller, vielen Dank für diese weiterführenden Erklärungen und Details sowie für den Tipp auf das Urteil vom 8. September, das ich mir noch genauer anschaue. Hochinteressant auf alle Fälle, wie eng die Möglichkeiten für ein einzelnes Mitgliedstaat wurden, den Anbau gegen GVO zu verbieten. Wie Du richtig sagst, sobald die Büchse der Pandora geöffnet wurde, gibt es kaum ein Zurück mehr. Die Frage, die sich stellt, wird sich in Zukunft noch irgendein Mitgliedstaat entziehen können? Müssen jene, die sich dagegen verwehren, einen Glassturz über ihr Land ziehen?

      Antwort
  • 15. September 2011 um 15:13 Uhr
    Permalink

    Danke Toller für den Link und die nette Erklärung. Ich für mich sehe allerdings sowohl den Anbau als auch den Verkauf von gentechnisch veränderten Pflanzen, die einerseits die Nachbarflächen und auf der anderen Seite auch unsere Lebensmittel verunreinigen als massive und (leider auch) nicht wiedergutzumachende Umweltverschmutzung. Desweiteren mißfallen mir die Vorgehensweisen und wenn auch juristisch korrekten anmassungen von Monsanto über alle maßen!
    Und wenn wir schon bei den Bienen, dem Mais und den Bauern sind fällt mir da noch eine sehr Lobbyistisch angehauchte Lösung der EU ein:
    Kurz umrissen: Maissaatgut wurde mit Bienentoxischer Beize behandelt. Die Ausbringung dieses Maisaatgutes verfrachtet bei Wind die Beize in Form von Staub und Bienen sterben. Logische Wege wären daher die Beize zu verändern, anders oder nicht gebeiztes Saatgut auszubringen. Der Weg der EU war allerdings ein anderer. Den Bauern wurde vorgeschrieben auf ihre Sämaschinen Absauganlagen für den toxischen Staub zu installieren. Kosten und Aufwand für dieses Problem trugen also wieder die Bauern und nicht die Hersteller des Saatgutes!
    Grüße aus Schilda
    Alex Zöller

    Antwort
    • 15. September 2011 um 15:20 Uhr
      Permalink

      Das war zumindest die österreichische Lösung. …

      Antwort
  • 16. September 2011 um 10:28 Uhr
    Permalink

    @ Alexander Zöller; überLand: Ich stimme zu. Ich denke, man kann die Übermacht der Gentechnik-Lobby nur durch absolute Verweigerung (d. h. natürlich primär Anbauboykott, aber auch Verzicht auf jedweden Einsatz von GVO, insbesondere in Futtermitteln) einerseits, aber andererseits auch durch „Gegen-Lobbying“ (vehement die Lüge aufdecken, dass grüne Gentechnik „den Hunger in der Dritten Welt eindämmt“) und aber durch Herstellung von Kostenwahrheit bekämpfen: Wir können eben leider keine Glasglocke über unseren Boden stülpen, wenn wir Gentechnik ablehnen. Ich denke aber, man muss sich – eben auch auf einer juristischen Ebene – dafür einsetzen, dass von denen, die GVO propagieren, auch sämtliche Kosten dafür getragen werden. Und wenn man hier ehrlich wäre, wäre Gentechnik schlicht nicht mehr leistbar – schon alleine aus dem Grund, weil sich kein Mensch eine Versicherung dafür leisten könnte (im Wesentlichen die selbe Problematik wie bei der Atomkraft).

    Antwort

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert