Fisch wird immer als gesündere Alternative zum Fleischkonsum propagiert, doch gleichzeitig bereitet die Überfischung der Weltmeere auch Besorgnis. Bleibt natürlich die Möglichkeit, Fische in Aquakulturen zu züchten, doch auch hier weiß der kritische Konsument nicht recht, wie es tatsächlich mit den Belastungen aussieht: Regionaler Karpfen aus der Teichwirtschaft in der näheren Umgebung hört sich ja unbedenklich an. Doch wie sieht es mit dem Lachs aus Norwegen aus? Oder gar mit dem trendigen Pangasiusfilet aus Vietnam? Und gibt es da nicht auch noch die Shrimpsfarmen in Asien?
Eine aktuelle Untersuchung von The WorldFish Center (Blue Frontiers: Managing the Environmental Costs of Aquaculture) hat sich des Themas angenommen und weltweit die ökologischen Auswirkungen von Aquakulturen analysiert. Gleich einmal vorweg: diese Bewirtschaftungsform nimmt immer weiter zu. Im Jahr 2008 wurden nach den Statistiken der FAO bereits 37% der gesamten Fisch- und Muschelproduktion aus Aquakulturen gewonnen. Nimmt man auch noch die Seetangproduktion dazu, erhöht sich der Anteil der gesamten Fischerei aus Bewirtschaftung auf 42% (nach 34% im Jahr 2003).
Abgesehen vom Seetang, der fast ausschließlich in Aquakulturen gezüchtet wird, ist auch der Karpfen mit einem Anteil von 90% ein ausgesprochen Aquakultur-affiner Fisch. Lachse stehen dem mit 73% nicht mehr viel nach. Auf einen Anteil von rund 50% kommen Welse, Tilapias (insbesondere Pangasius), Weichtiere sowie Langusten und Krabben. Welse und Tilapias haben in den Aquakulturen sehr stark zugenommen. Einzig in der größten Kategorie – die der (übrigen) Flossenfische, zu der eine große Anzahl unterschiedlicher Fischarten zählt und für die es deshalb keine einheitliche Betrachtung gibt – ist der Aquakulturanteil mit 10% sehr gering und auch die Wachstumsraten unterdurchschnittlich.
Wo wird nun am stärksten Aquakultur betrieben? Diese Frage ist mehr als eindeutig zu beantworten: in China. Von der weltweiten Aquakultur-Produktion von 65,8 Mio Tonnen stammen 62% aus dem bevölkerungsreichsten Land der Erde; und es sind vorwiegend Karpfen, die in Teichen bewirtschaftet werden. Nach China folgt der restliche Teil Asiens, der auf einen Anteil von 30% kommt. Europa liegt mit einem Weltmarktanteil von 4% mehr als weit abgeschlagen an 3. Stelle vor Süd-Amerika (2%), Nord-Amerika (1,5%) und Afrika (1,4%) – siehe Graphik.
Die starke Gewichtung der Karpfenproduktion in China läßt auch schon erahnen, ob die Bewirtschaftung auf Süßwasser oder Küstengebiete konzentriert ist – mit weltweiten 60% überwiegt die Süßwasserkultur. Ausnahmen bilden Südamerika und Europa, deren Bewirtschaftung zu rund 80% in Küstengebieten erfolgt.
Doch kommen wir nun zur Frage der ökologischen Auswirkungen. Die Studie hat in einer Matrix die ökologischen Auswirkungen (Eutrophierung=Nährstoffeintrag, Übersäuerung, Klimawandel, Landverbrauch, Energieverbrauch, Verbrauch biotischer Ressourcen) nach den verschiedenen Fischarten, den Bewirtschaftungsformen (Teiche, Netzgehege, Schwimmkäfige etc.) nach Ländern und nach Habitat (Land- oder Küstenbewirtschaftung) gegenübergestellt.
Nach den Fischarten betrachtet (je Tonne Fisch) zeigt sich, dass Aal der größte „Umweltsünder“ ist, und das in fast allen Kategorien aufgrund der intensiven Bewirtschaftung und des hohen Energieverbrauches. Auch Schrimps und Garnelen gehören zu den ökologisch anspruchsvollen Produkten und bei den Salmoniden (Lachse, Forellen, Renken etc.) sticht der hohe Fisch-Verbrauch für das Futter hervor. Die Verfütterung von Fischen in Form von Fischfutter und Fischölen ist generell ein Problem in der ökologischen Bilanz. Fische wie Salmoniden oder Schrimps brauchen zwar langkettige Fettsäuren, die eben im ausreichenden Maß nur in Fischfleisch vorhanden sind, doch sowohl die Produktion (Beifang der Fischerei, Energieaufwand zur Produktion) wie auch die direkte Konkurrenz als Nahrungsmittel für den Menschen werfen viele Fragen auf. Es gibt zwar Forschungsprojekte, Fischfutter mit langkettigen Fettsäuren auch aus pflanzlichen Rohstoffen zu erzeugen, doch noch keine überzeugenden Ergebnisse. Kurzfristig wäre wahrscheinlich eine Optimierung der Bewirtschaftungsweise schneller zu realisieren, denn in der Studie hat sich nämlich gezeigt, dass es signifikante Unterschiede in der ökologischen Belastung innerhalb einer Fischart von Land zu Land gibt. So ist z. B. der Fischfutterverbrauch bei Salmoniden in Norwegen und Chile deutlich geringer als in Kanada. Oder China produziert Schrimps und Garnelen weitaus unökologischer (Übersäuerung, Energieaufwand, Klimawandel) als alle anderen Länder.
Trotz dieses Optimierungsbedarfes arbeitet die Studie aber sehr klar heraus, dass bewirtschaftete Fischproduktion – im Vergleich zu anderen Viehwirtschaften wie Schwein oder Rind – zu den ökologisch saubersten gehört. Das hat auch damit zu tun, dass Fisch eine der höchsten Futterverwertungseffizienzen neben Milchprodukten, Eiern und Hühnern aufweist. Im Gegensatz wandeln Schweine Futter-Proteine zu Fleisch nur halb so effizient um.
In Afrika und Asien kommt es gerade zu einem großen gesellschaftlichen Umbruch durch das Entstehen einer Mittelschicht und durch einen steigenden Urbanisierungsgrad. Das hat zur Folge, dass sich auch Ernährungsgewohnheiten verändern und der Bedarf nach fleischlicher Kost steigt. Fisch aus Aquakulturen wäre dazu eine ökologisch effiziente Alternative, zumal Fisch bereits jetzt eine der höchsten Zuwachsraten in der bewirtschafteten Produktion hat (von 1970-2008: 8,4% jährlich; Geflügel: 5,0%; Gemüse: 3,4%; Rind: 1,3%).
Es wird aber auch zu einer Professionalisierung der Aquakultur-Produktion kommen, mit einer Intensivbewirtschaftung, Steigerung der Erträge, einem Einsatz von schnellwachsenden Fischarten, gentechnisch veränderten Fischen usw. Dazu wird es sicher noch weiterer Forschung und auch Innovationen benötigen, die Studie gibt aber bereits jetzt einen Leitfaden, um ökologische Folgen so gering wie möglich zu halten.
Hall, S.J., A. Delaporte, M. J. Phillips, M. Beveridge and M. O’Keefe. 2011. Blue Frontiers: Managing the Environmental Costs of Aquaculture. The WorldFish Center, Penang, Malaysia.
Photo: WorldFish Center/Philippe Lissac
Graphik: WorldFish Center
die karpfen aus opas teich sind sowieso die besten. dazu eapfi ausgrobm (mei ocker)! kummt ois aus´n woid/4 … 🙂
Seitdem ich die Berichte von den Shrimps- und Pengasius-Farmen aus Asien gesehen habe, ist diese „fleischvariante“ für mich ein Tabu. Schon alleine die vielen Antibiotika, die den völlig überfüllten Teichen hineingeworfen werden. Grausam, für Tier und Mensch. Für mich ist dieser Art der Tierhaltung kein Ersatz, es nur eine andere perfide Art, mit Macht den Shareholder glücklich zu machen. Es geht wie bei jeder anderen Massentierhaltung nur um Gewinnmaximierung.
Vielen Dank für deinen ersten Kommentar in meinem Blog, ich sehe schon, wir haben einige gemeinsame Themen, ich werde bestimmt bei dir öfter reinschauen 🙂
VG Jana
Massentierhaltung ist ein Thema für sich – egal ob sie Fische, Rinder oder Schweine betrifft. Sie ist eine traurige Folge unseres Konsumverhaltens geworden. Die Frage ist, wie können wir unser Verhalten ändern? Wird das in großem Maßstab überhaupt möglich sein, oder wird das ohnehin nur wieder einen kleinen Teil der Bevölkerung betreffen, der durchaus bereit ist, sein Essverhalten umzustellen. Freue mich, dass Du auch bei mir vorbei gekommen bist, lg Barbara