Der Verein zur Erhaltung seltener Nutztierrassen „Arche Austria“ holt 2020 ein kleines und ein großes „gefährdetes Nutztier“ vor den Vorhang: Das größere ist das robuste Zweinutzungsschaf, das Zackelschaf; das kleinere das Nackthalshuhn.
Schon vor zwei Jahren hat über_Land von diesem seltenen Huhn und seinem Züchter Martin Hoi aus Goggerwenig (Kärnten) berichtet. Der Kleintierzüchter und Kraftsportler (er hält mittlerweile bei 16 eingetragenen Weltrekorden!) nimmt sich seit mehr als 10 Jahren dieser gefährdeten Rasse an. über_Land hat bei ihm nachgefragt, wie sich seine Hühnerzucht in den letzten zwei Jahren weiterentwickelte.
2018 habe ich mit Dir das letzte Interview geführt. Du beschreibst in „Das Nackthalshuhn feiert sein Revival“ wie Du als Bub in Klagenfurt begonnen hast, Hühner zu züchten. Vor rund 10 Jahren hat Dich dann die Leidenschaft für das Nackthalshuhn gepackt. Worauf kommt es Dir bei Deiner Züchtung an?
Martin Hoi: Durch gezieltes Einkreuzen verschiedener Lege- und Fleischrassen habe ich versucht, die Rasse der Nackthalshühner zu verbessern. Seit 2018 kreuze ich mit Brahma ein und die Nachzuchten legen an Größe und Gewicht zu, das mein Zuchthahn „Snowball“ mit fast 5 Kilogramm gut demonstriert. Außerdem fördert die starke Befiederung der Läufe durch die Brahmagenetik eine optische Bereicherung der Nackthalshühner.
Du möchtest also nicht nur eine gefährdete Nutztierrasse erhalten?
Martin Hoi: Genau. Mein Ziel ist es nicht nur die Rasse zu erhalten, sondern eine bodenständige und vitale Neuzüchtung heraus zu ziehen, die als Mittelkärntner Nackthalshuhn anerkannt werden soll. Das wäre dann ein Siegeszug über die genetisch verarmten Hybridrassen. Aber das wird noch ein langer Weg werden, bis diese Neuzüchtung offiziell anerkannt wird.
Was dauert dabei so lange?
Martin Hoi: Ein Rasse-Anerkennungsverfahren dauert mehrere Jahre; die Kriterien sind dabei sehr umfangreich. Die Teilnahme an jährlichen Tierpräsentationen bei ausgewählten Schauen ist dabei erforderlich.
Warum ist Dir dein Mittelkärntner Nackthalshuhn so ein Anliegen?
Martin Hoi: Gerade in Zeiten wie diesen, wo aktuell verstärkt über Regionalität und Nachhaltigkeit philosophiert wird, sollten wir dem Nackthalshuhn wieder eine Chance geben. Der bisherige Weg, nur auf zwei für die Fleischproduktion herausgezüchtete Rassen, von zwei internationalen Großzuchtbetrieben in Österreich zu setzen, kann nicht die Biodiversität fördern.
Um diese Biodiversität in Form des Mittelkärntner Nackthalshuhnes weiter zu fördern, kooperierst Du mit einem Partner.
Martin Hoi: Ja,seit mittlerweile zwei Jahren habe ich im Alpen Wildpark Feld/See einen starken Partner gefunden. Er übernimmt immer wieder Nachzuchten meiner Nackthalshühner. Der von derFamilie Scherzer geführte Wildpark gibt seinen Besuchern die Möglichkeit, die außergewöhnlichen Hühner zu beobachten. Dabei erklärt Herr Scherzer auch immer wieder gerne, dass es sich bei dieser Rasse um Hühner handelt und nicht um Puten. Und dass die Rasse auf eine lange Vergangenheit zurückblickt: Zurzeit von Kaiser Franz Josef war sie beinahe in jedem Garten zu sehen.
Vielleicht ist sie ja bald wieder in vielen Gärten zu finden?
Martin Hoi: Um ihre Art zu erhalten, gebe ich seit zwei Jahren Bruteier und Küken an Interessierte ab. Dadurch vergrößert sich der Genpool und ich schaffe mir selbst Ressourcen, auf die ich im Notfall zurückgreifen kann, sollte mal wieder Fuchs oder Habicht zum Dinner vorbei kommen. Außerdem wächst durch eine größere Plattform das Netzwerk und Lobbying für das „schönste“ Geflügel, das schon zurzeit von Kaiser Franz Josef die Bevölkerung mit Eiern und Fleisch versorgte. Alte Nutztierrassen haben heute nur dann eine Überlebenschance, wenn man sie auch für ihren ursprünglichen Verwendungszweck, nämlich der Versorgung der Bevölkerung nutzt, denn in Zoos oder einem Freilichtmuseum sterben sie aus.
Alle Fotos: ©Martin Hoi
In der zweiten Folge von „Nutztierrassen des Jahres“ präsentiert über_Land das Zackelschaf.
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