Ein hartgekochtes Ei in der Früh – und das am liebsten von den eigenen Tieren? Ein Trend, der angekommen scheint, denn Hühner – auch in der Stadt – sind längst nicht mehr außergewöhnlich. Von der Hühner-haltung am eigenen Balkon bis hin zu Designer-Hühner-ställen für die Dachterrasse – auf über_Land wurden schon in der Vergangenheit einige Pionierprojekte vorgestellt. Diesmal hat sich die Überländerin auf den Weg gemacht, um zu erkunden, wie das Federvieh in die Rolle eines neuen Haustieres hineinwächst.
Auf nach Wien-Hietzing, wo die Architektin Suncica Wilhelmer zu Hause ist. Seit Juni 2018 hält sie Hühner in der Stadt – mitten in Wien. Während einer schwierigen Lebensphase reifte ihr Entschluss, sich zwei Hühner zu nehmen. Die Wahl fiel auf Paduaner, der ältesten europäischen Hühnerrasse. Die Tiere haben Suncica einfach optisch gut gefallen.
Keine Lust auf Hühnerfleisch
Wobei Hühnerhaltung in Suncicas Familie Tradition hat. Ihre Oma hatte einen Bauernhof und sie hielt immer Hühner. Sie schlachtete auch die Tiere. Das kommt bei Suncica nicht in Frage. Im Gegenteil: Seit sie selbst Hühner hält, kann sie kein Hühnerfleisch mehr essen. Sieht sie das Abgepackte im Supermarkt muss sie immer an die eigenen Tiere denken. Was sie aber sehr schätzt, sind die eigenen Eier. „Die Tiere bekommen ein spezielles Biofutter und die Eier schmecken deswegen auch ganz besonders gut.“ Im Schnitt legen die Hennen zwei Eier am Tag. „Jetzt backe ich regelmäßig Kuchen“, so Suncica.
Mittlerweile tummeln sich bei der Architektin drei Seidenhennen und fünf Paduanerinnen. Die Hühner fühlen sich neben Bond, einem English Setter, Moneypenny, James und MimiMi, den Hauskatzen pudelwohl. Ein eingespieltes Team, das sich den riesigen Garten in Wien-Hietzing teilt. Während die Paduanerinnen gerne durch den Garten stolzieren und nur ungern brüten, sind die Seidenhennen wahre Glucken. Von der Tierärztin hat Suncica deswegen befruchtete Eier geholt, damit ihre Seidenhennen den Brutinstinkt ausleben können.
Die Gefahren lauern auch in der Stadt
Doch das Leben mit Tieren hat auch seine traurigen Facetten. Und so erinnert sich Suncica nur ungern an den Vorfall vor einigen Wochen. Ein Marder oder Fuchs holte eine Henne, mit der Suncica eine besondere Beziehung verband. Die Henne litt unter den Folgen eines Schlaganfalls, erholte sich von Woche zu Woche bis zur endgültigen Genesung. Doch sie war für das Raubtier offensichtlich die leichteste Beute.
„Auch die anderen Hennen haben Wochen gebraucht, um sich wieder zu beruhigen“, erzählt Suncica. Nun ist wieder Ruhe in die Hühnerschar eingekehrt. „Es ist einfach entspannend zuzusehen, wenn die Tiere durch den Garten spazieren“, erzählt Suncica. Und hin und wieder verirrt sich auch eine Henne in ihr Wohnzimmer. Besonders aber mag sie die „kommunikative Ader“ der Hühner: „In der Früh begrüßen sie Dich, sie kommunizieren mit Dir und sind einfach sozial“. Als Leckerli gibt es für die Hennen Topfen oder Melonenstücke.
In der Früh begrüßen sie Dich, sie kommunizieren mit Dir und sind einfach sozial.
Suncica
Wettbewerb für ein mobiles Hühnerhaus
Auf das Huhn ist auch der oberösterreichische Unternehmer Martin Mühlböck gekommen. Er suchte für sein Privathaus einen mobilen Hühnerstall, wurde aber nicht fündig. So lobte er unter den Studierenden und Absolventen der Kunstuniversität Linz einen eigenen Wettbewerb aus. Drei Siegermodelle konnten sich durchsetzen. Bei allen drei Entwürfen sind die Eierabnahme sowie die Wartung und Reinigung des Stalles von außen möglich und sie lassen sich durch Räder verschieben, sodass die Grasnarbe auch in kleinen Gärten nicht beschädigt wird.
Modell Chicken Cube
Das zusammenschiebbare Auslaufgitter mit Hebegriff ermöglicht ein schnelles und einfaches Umpositionieren des Hühner-stalles.
Modell Hedwig
Das stylische Modell mit den gelben Rädern lässt sich umstellen wie ein Schubkarren.
Die Hühnerarche
Dem Namen entsprechend sitzt das Huhn bei diesem Modell wie ein Kapitän in seiner Kajüte.
Buchtipp: Vom Glück mit Hühnern zu leben
Ob in der Stadt oder auf dem Land: Hühner sind aus vielen Haushalten nicht mehr wegzudenken. Das kürzlich erschienene Buch „Vom Glück mit Hühnern zu leben“ unterstreicht diesen Trend. Die Frau, die ihren ersten Kaffee morgens beim Hühnerstall trinkt oder die Familie, deren Hühner auch ins Haus dürfen – alle verbindet eines: die Liebe zu den neuen Haustieren. Der Bildband porträtiert verschiedenste Hühnerbesitzerinnen, führt in ihre Häuser und Gärten und erzählt von ihrem Zusammenleben mit den Tieren. Begleitet werden die Geschichten von praktischen Tipps und geschmackvollen Eier-Rezepten.
Manuela Perfall, Jessica Jungbauer
Vom Glück mit Hühnern zu leben
Hühnerfreunde und ihre Geschichten
Callwey Verlag
Foto 1: @ Callwey Verlag