Wie sieht der Hühnerstall der Zukunft aus? Wie muss er geplant sein, damit die Rückkehr der Hühner in die Stadt gelingt? Mittlerweile ist er zu einer beliebten Entwurfsaufgabe von Designern geworden. Doch wie steht es um die Funktionalität? Ob auf dem Tempelhof in Berlin, im Wiener Stadtpark oder im Park um die Universität Zürich Irchel – diese stylischen Hühnerställe passen überall hin und bereichern als kleines urbanes Gebäude die Grünzone. Genau diesen Gedanken setzte der niederländische Designer Frederik Roije mit seinem Stall „Breedretreat“ um. Er möchte, dass in öffentlichen Parks endlich wieder Hühner gehalten werden. Damit soll ein aktiver Beitrag gegen die Entfremdung des Städters vom Land, seiner Bevölkerung, seinen Tieren und Produkten geleistet werden. Und für diese City-Hühner hat er nun ein cooles Penthouse gestaltet.
Der ursprünglich für einen privaten Auftraggeber entworfene Hühnerstall präsentiert sich nicht nur formal höchst anspruchsvoll, sondern er nutzt auch natürliche Ressourcen: Auf dem Dach gibt es Sonnenkollektoren, die den Innenraum mit Licht versorgen. Was nicht ganz uneigennützig geschieht: In den dunklen Wintermonaten, wenn die Hühner weniger Eier legen, wird ihnen mit der Innenbeleuchtung ein Tag vorgegaukelt, um auch die Eierproduktion zu fördern.
Der Hühnerstall besteht aus übereinander gestapelten Einheiten. Die Höhe bezieht sich dabei auf die Rangordnung, die es unter Hühnern gibt.
Hahn mit Sinnkrise
Je höher das Nest, desto sicherer? Nicht ganz, da gibt es unterschiedliche Ansichten, wie die Expertin in Sachen Hobby- und Nutztierhaltungen Brigitta Blume beschreibt: Die Rangordnung wird einmal unter den Tieren festgelegt und solange sich nichts an der Gruppe ändert, bleibt sie bestehen. Sie sichert dauerhaften Frieden ohne Auseinandersetzungen, weil jedes Tier weiß, wem es ausweichen muss und wem nicht. Allerdings verläuft die Rangordnung nicht linear, also nicht „einzeln von oben nach unten“, sondern da gibt es auch Dreiecksbeziehungen“, z. B. kann Huhn A über Huhn B dominieren und Huhn B über Huhn C, aber Huhn C trotzdem ranghöher sein als Huhn A. Deswegen ist auch die Treppe in einem Hühnerstall eine wichtige Einrichtung.
Außerdem sollten schmale Durchgänge vermieden werden. Hühner hassen schmale Durchgänge. Man setzt diese Erkenntnis sogar bei Tierversuchen ein: je enger ein Durchgang, desto „wertvoller“ ist das, was dahinter steckt, wenn das Huhn trotzdem noch durchgeht. Und ganz optimal ist es, wenn ein Huhn keine Ecken und Winkel hat, denn nur dann sieht es ausreichend viel Umgebung und fühlt sich sicher.
Unersetzlich in einer Hühnergruppe ist die Haltung eines Hahnes, und „der würde in so einem Bau eine permanente Sinnkrise bekommen, weil er seine Damen nicht im Blick hat“, so Blume.
Das Nest muss unbedingt in einer Ruhezone liegen, wo kein Licht hinkommt. Und auch nicht „mitten in der Gegend“, wo dauernd jemand vorbei kommt.
Für Kaninchen hingegen findet Blume „BreedRetreat“ ideal. Kaninchen lieben Höhlen mit Bergauf und Bergab. Aber auch unsere strenge Expertin Blume findet es gut, Hühner wieder in der Stadt zu halten – natürlich unter strenger Einhaltung der Hygienevorschriften.
Start frei also für die Hühnerschar im New Yorker Central Park oder im Amsterdamer Vondelpark.
Fotos: © Frederik Roije