Von den einen geliebt, von den anderen gehasst: die Kuppelshow „Bauer sucht Frau“ darf sich zumindest über hohe Einschaltquoten freuen. Wie die Idylle dieser Fernsehserie zustande kommt und was danach bleibt, hat mir Gerhard Urban erzählt. Der Landwirt, bekannt als „der sensible Obstbauer“, hat in der ATV-Staffel im Jahr 2007 mitgewirkt.
Die Fahrt zu meinem „Bauern sucht Frau“ führt durch die schöne Landschaft der Oststeiermark: Leicht hügelig präsentiert sich diese bekannte Weingegend. Die milden Temperaturen machen diesen schon späten Herbsttag zu was Besonderem. Es ist so warm, dass wir im Freien unser Gespräch führen können. Gerhard erzählt mir, dass er am Abend Gäste erwartet, einen Hasen hat er dafür vorbereitet. Natürlich aus eigener Haltung. Das Fell hat er zum Trocknen ein paar Meter weiter aufgehängt. Gäste bekommt er nicht oft. Gerhard ist ein „Zuagraster“ (jemand, der in einem Ort lebt in dem er nicht geboren wurde). Erst seit fünf Jahren betreibt er diesen Hof. Vorher war er in Wien, hat in leitender Funktion als Techniker gearbeitet. Für ihn war immer klar, dass er einmal eine Landwirtschaft betreiben wird. Spätestens mit 40 sollte es soweit sein. Aber schon mit 38 hängt er seinen Job an den Nagel und realisiert seinen Traum vom Bauern-Leben.
Gerhard war davor verheiratet, drei Kinder gibt es aus dieser Ehe. In dieser Zeit schon betreibt er in seiner Freizeit eine kleine Landwirtschaft. Während es ihn immer mehr in die Landwirtschaft zieht, will seine damalige Ehefrau auf keinen Fall Bäuerin werden. Die Ehe zerbricht. Allein macht er sich auf den weiteren Weg. Stolz erzählt er mir, dass er heute glücklich ist, Bauer zu sein, von der Natur leben zu können. Freilich hat er seinen Konsum reduziert, aber er hat alles, was er braucht. Für sein Leben benötigt er kaum noch Geld. Vieles hat er sich selbst beigebracht, daher ist er nur auf wenige Leute angewiesen. „Obwohl manchmal wäre es schon lustig, wenn man jemanden zum Reden hätte.“
Eine Show und nicht mehr
Während er eines Tages durch seinen Weinberg spaziert, fällt ihm ein, dass er sich doch einmal bei „Bauer sucht Frau“ bewerben wollte. Neues fasziniert ihn immer. Noch am selben Abend meldet er sich an. Wochen vergehen, längst hat er „Bauer sucht Frau“ vergessen, plötzlich ein Anruf. Ob er denn bei der Sendung noch mitmachen wolle? Er bejaht. Dann wird eine Probeaufnahme mit ihm gedreht, die Jury entscheidet, ob Gerhard interessant genug sei. Er besteht den Test; es folgen die Aufnahmen für die Vorstellungssendung. Danach treffen für Gerhard ca. 35 Zuschriften von Bewerberinnen ein, elf werden ihm weitergesendet zur persönlichen Auswahl. Von ihnen hat er nur zwei ausgesucht, es ist eben keine dritte dabei. Doch die Jury sagt ihm, er müsse eine dritte auswählen, so lauten die Spielregeln. Er wählt also noch eine dritte aus, „das war dann die Frau, die ich gleich nach 24 Stunden wieder heim geschickt habe.“
Gerhard verbringt mit den Frauen eine schöne Zeit, aber eben nicht mehr. Natürlich hat er bei dieser Show mitgemacht, um eine Frau kennen zu lernen, mit der mehr entstehen könnte. „Probieren geht über Studieren“, erklärt er. Es entsteht aber nicht mehr. „Vielleicht hätte ich im Vorfeld klarer ausdrücken müssen, dass ich ein Vollblut-Bauer bin und was ich mir konkret vorstelle“, überlegt Gerhard. Die meisten Frauen, die mitmachten, wollten „ins Fernsehen und nicht auf den Bauernhof“. Natürlich hat die Regie immer versucht, Thema zu machen. Mit der Aussage wie „Ihr seid eh’ so verliebt“ sollte dem Fernsehpublikum mehr geboten werden. „Aber da war eben nicht mehr“, so Gerhard.
Am 4. Juli war die Erstausstrahlung dieser Serie, einen Tag später lernt Gerhard auf einem Seminar seine damalige Freundin kennen, mit der er die letzten drei Jahre zusammen war. „Leider wurde eine Wochenendbeziehung daraus“, die er nicht auf Dauer führen wollte. Heute ist er wieder solo.
Es ist Zeit, den Hasen ins Rohr zu schieben. Seine Gäste werden bald eintrudeln. Es kommt nicht sooft vor, dass er Gäste hat. Zu den Nachbarn hat er wenig Kontakt. Gerhard ist ein Zuagraster. Und auch die Art, wie er seine Bio-Landwirtschaft betreibt, stößt nicht nur auf Bewunderung. Gerhard führt einen konsequenten Lebensstil: „Ich möchte so leben, dass ich kein Geld mehr brauche“, was soviel heißt wie bald kein Traktor oder Auto mehr: „Ich kann ja mit der Kuh rüber spazieren zu den anderen Feldern“. Das wurde früher auch so gemacht, warum soll das heute nicht gehen?
Sich ganz im Kreislauf der Natur bewegen – die zukünftige Frau an Gerhards Seite muss sich entscheiden können.
Photo (1): photocase/Sarah Harnisch
Photo (2): Barbara Kanzian
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Der Artikel gefällt mir. Sehr schön geschrieben. Ich frage mich nur wie das mit der Finanzierung seiner drei Kinder aussieht, so ganz ohne Geld?
LIebe Anja, schön, dass Dir der Artikel gefällt. Die Kinder aus der Ehe sind schon recht erwachsen. Ohne Geld lebt er ja noch nicht, aber er ist auf den Weg dorthin, möchte irgendwann ohne oder nur mit dem mindesten auskommen.
Ein schöner Gedanke, so zu leben. Toll auch, wenn es nicht nur bei Aussteigerträumen bleibt, sondern jemand tatsächlich etwas in diese Richtung realisiert. Was schließlich aber harte Arbeit ist und auch Verzicht. Dem Gerhard wünsch ich eine Frau, die da genauso denkt und das gleiche will, weil sonst klappt das natürlich nicht.
PS: Wenn die ATV-Redaktion nur „interessante“ Bauern aussucht, warum sind denn da so viele langweilige (oder sagen wir besser alltägliche) Typen dabei? 😉
Hallo Ellja, ich denke, ATV wählt seine Kandidaten so aus, dass eine Fülle unterschiedlichster Charaktere gezeigt wird, damit sich eben soviel Leute wie möglich angesprochen fühlen. Es soll für jeden was dabei sein. Und so gibt’s auch für die stilleren und nachdenklicheren einen Kandidaten wie Gerhard.