Die Ziegenbäuerin

Für Ziegen hatte sie schon als Kind ein Faible. Und lange bevor ihr Entschluss feststeht, der Stadt für immer den Rücken zu kehren, beschäftigt sie sich eingehend mit Ziegenliteratur. Sie verschlingt alles zu diesem Thema, nun braucht nur noch der richtige Moment zu kommen. Und der kam im Jahr 2007. Die beginnende Wirtschaftskrise war einer der Hauptgründe, warum Monika Liehl sich „leichten Herzens“ von ihrem damaligen Job als Finanzberaterin verabschieden konnte. Da stimmte plötzlich für sie so manches nicht mehr überein. Höchste Zeit also, ihr Leben zu verändern und eine Zukunft mit ihren geliebten Ziegen anzudenken.

Grund und Boden gibt es bereits. Monikas Ehemann stammt aus Parndorf (im Burgenland, nahe zum Neusiedlersee). Seine Familie hinterlässt ihm ein ansehnliches Gehöft, das allerdings in die Jahre gekommen ist. Gewaltige Anstrengungen in Form eines Zubaus und die Renovierung der alten Bauteile sind notwendig, um das Ensemble wieder strahlen zu lassen. Mit dem Einzug verändert sich der gesamte Alltag der Eheleute. Für Monika beginnt das Leben auf dem Land, das sie als Städterin nicht kennt. Ihr Ehemann kehrt wieder in seinen Heimatort zurück, den er vor vielen Jahren verlassen hat. Er kennt kaum mehr jemanden in der Ortschaft. Tagsüber pendelt er zu seiner Arbeitsstätte nach Wien, am Wochenende hilft er im Betrieb von Monika mit. Beide beginnen, ihr Leben neu zu gestalten.

Der erste Käse

Vor drei Jahren ist es für Monika endlich soweit: Die ersten zwei Ziegen, Steirische Schecken, werden gekauft und beleben den Hof. Von dieser Nutztierrasse gibt es nur mehr wenige. Die steirische Schecke ist eine robuste, wetterharte Berglandziege mit leicht melkbaren Zitzen und hoher Milchleistung. Für Monika gerade die richtige Wahl. Zum einen möchte sie seltene Tierrassen unterstützen, zum anderen beginnt sie mit der Käserei.
Heute tummeln sich auf ihrem Hof 20 Ziegen; mehr sollen es auch nicht werden. Jede Ziege hat ihren Namen. Von jeder Ziege kann Monika eine Geschichte erzählen. In der Früh und am Abend wird gemolken, anschließend gekäst. Frisch- und Schnittkäse entstehen daraus in einer Qualität, die von der gehobenen Gastronomie geschätzt wird.
Daneben stellte sich für Monika die Frage, wie sie ihren Kundenkreis erweitern kann. Auf einem Slow-Food-Stammtisch entsteht die Idee, einen Markt zu initiieren. Es soll kein gewöhnlicher Markt werden, sondern einer, der die hehren Richtlinien eines „Earth Market“ erfüllt, die da u.a. lauten: nur kleine und mittlere Betriebe dürfen ihre Produkte verkaufen; die Hersteller müssen in einem Umkreis von ca. 40 Kilometer zum Marktstandort zu Hause sein, um kurze Transportwege und den Anspruch der Regionalität zu erfüllen. Die Produkte selbst müssen handwerklich und nach traditionellen Methoden sowie in der Region hergestellt werden usw.

Ein neuer Markt entsteht

Gesagt, getan: Auf dem Anwesen der Liehls befindet sich ein alter Stadel, vormals als Schusterwerkstatt genutzt. Dieser wird von den Liehls umgebaut und im August 2010 findet der erste „Markt der Erde“ statt. Neben der Schauküche, einer Weinbar und einem Gastproduzenten gibt es regionale Lebensmittel von den Produzenten der Umgebung, von Fleisch über Gemüse bis zu Schokolade. Der Markt findet an jedem ersten Samstag im Monat statt und widmet sich einem saisonalen Thema.
Der Markt der Erde in Parndorf ist ein schönes Beispiel dafür, dass mehrere Produzenten gemeinsam eine Vertriebsmöglichkeit nutzen und damit erfolgreich sind. Längst pilgern viele aus Wien extra nach Parndorf, verbinden den Einkauf mit einem Ausflug und gutem Essen. Aber auch die Bevölkerung aus Parndorf akzeptiert und schätzt den Markt. Was für Monika Liehl nicht bedeutet, sich zufrieden zurückzulehnen. Die eine oder andere Idee nimmt schon wieder Gestalt an, bleibt noch auf den richtigen Zeitpunkt der Umsetzung zu warten.

Markt der Erde, Schulgasse 1g, 7111 Parndorf

 

über_Land

Der Blog über_Land beschäftigt sich mit innovativer Landwirtschaft in der Stadt und auf dem Land. Themen wie Urban Farming, Vertical Farming, Aquaponic stehen genauso im Vordergrund wie innovative Landwirte, die mit ihren Betrieben neue Wege der Lebensmittelproduktion einschlagen. Der Blog ist seit 2011 online. Gründerin und Herausgeberin ist Barbara Kanzian. Erfahren Sie mehr über sie auf ihrer Unternehmens-Website.

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