Ein Aussteiger geht in die Landwirtschaft

Ich warte auf Hans Pfaller vor den Schweineställen. Sie sind in einer leichten Holzbaukonstruktion gefertigt, ihr vorgelagert die großzügigen Freiraum-Bereiche. Alles hat er selbst gemacht, wie er mir später erzählen wird. Die Schweine sausen von innen nach außen und machen einen verdammt aufgeweckten Eindruck. Bis Pfaller kommt, nütze ich die Zeit zum Schweine-Shooting, meine Models sind von Natur aus so neugierig, dass sie mir mit geradem Blick direkt in die Kamera blicken. Da kommt bei einem Hobby-Fotografen Freude auf.
Endlich ist mein Gesprächspartner gekommen. Er erzählt mir, wie alles hier begann. Von der Zeit als er noch einen sicheren Job als Beamter hat.

20 Jahre ist er für die Österreichischen Bundesbahnen tätig. Den ganzen Tag sitzt er am Schreibtisch im Büro, sein Ausblick fällt auf graue innerstädtische Parkgaragen. 20 Jahre übt er diesen Job aus. Eines Tages fühlt er sich nicht mehr wohl in seiner Haut, es reicht ihm. Pfaller steigt aus und wird Landwirt. Unweit von Wien im burgenländischen Parndorf übernimmt er den Acker seines Vaters, kauft einen zweiten dazu und beginnt auf dieser Fläche Stallungen, Privathaus und Hofladen zu bauen. Alles baut er selbst. Mit einer unglaublichen Energie setzt er seine Vision von einer Bio-Landwirtschaft mit Schweinezucht um. Es beginnt eine intensive Aufbauzeit, die rund 10 Jahre dauern soll. Seine Frau ist ihm dabei eine wichtige Stütze, auch seine drei Töchter stehen immer zu ihm. Auf die Zurufe seiner Umgebung, ob er denn noch richtig tickt, einen so sicheren Job mit dem eines Landwirts zu tauschen, reagiert er gelassen. Er vertraut seiner inneren Stimme.

Bio-Landwirte spinnen

Als Bio-Landwirt hat man Ende der 1990er Jahre noch einen schweren Stand: Man gilt als Spinner, der keinen Tau von der Landwirtschaft hat, wo nur „Unkraut“ auf den Feldern wuchert. Doch Pfaller bleibt sich treu: „Nicht spritzen und nicht streuen“ lautet seine Devise bis heute. Schließlich werden mit der Ernte seine Schweine gefüttert, 80 Stück sind es insgesamt; alte Rassen wie das Schwäbisch-Hällische Landschwein oder das amerikanische Duroc-Schwein. Pfallers Anspruch für ein qualitätsvolles Schweinefleisch ist hoch: Haltung, Fütterung und Schlachtung müssen einen in sich geschlossenen Kreislauf bilden, nur so ist es möglich, ein gutes Produkt zu erzielen. Bei ihm dauert die Aufzucht ein Jahr, rund die Hälfte mehr als zu konventionell gezüchteten Schweinen.
Einmal im Monat schlachtet Pfaller in seinem eigenen Schlachthaus. „Das geht ohne Panik ab“, erzählt er. Das Tier wird für die letzte Nacht in einen eigenen Stall gebracht, damit es sich beruhigen kann. Am nächsten Morgen wird es in den nur wenige Meter entfernten Schlachtraum gebracht, mit der elektrischen Zange betäubt, schließlich gestochen.
Eine Woche nach der Schlachtung herrscht Hochbetrieb am Bio-Hof; bei der Verarbeitung wird Pfaller durch seine Frau tatkräftig unterstützt, die hauptberuflich als Lehrerin tätig ist. Neben den Fleischteilen zählen allerlei Wurstarten zu den Produkten, die im eigenen Hofladen verkauft werden. Dieser ist nur an einem Wochenende im Monat geöffnet, Interessierte werden über Internet informiert. Sechs im Ort aufgestellte Tafeln machen weitere Werbung. Aus einem Radius von rund 50 Kilometer kommen die Kunden, um die regionalen Lebensmittel direkt ab Hof bei ihm zu kaufen.

Nah beim Kunden mit Lebensmitteln aus der Region

Im Hofladen stehen nur er und seine Frau, da lässt er auch niemand anderen ran. Für ihn ein Zeichen, dass er zu 100 Prozent hinter seinen Produkten steht. Er bringt seine Ware direkt an den Konsumenten. Und dafür nehmen die Konsumenten auch eine Fahrt in Kauf, um seine regionalen Lebensmittel zu kaufen.
Auf die Frage, ob es einen Hofnachfolger gibt, schüttelt Pfaller den Kopf. Eine seiner drei Töchter ist schon Lehrerin, die beiden anderen wollen es auch werden. Vielleicht entschließt sich einer der zukünftigen Schwiegersöhne, den Hof zu übernehmen. Aber wenn es nicht ist, dann verkaufe er eben alles. Die Zeiten haben sich schließlich geändert.
Was denkt sich Hans Pfaller, wenn er in die Zukunft blickt? Klar, die landwirtschaftlichen Betriebe werden immer größer, auch im kleinen Ort Parndorf. Da, wo früher 50 waren, gibt es heute nur mehr 10 mit höherer Produktion. Aber er ist davon überzeugt, dass sich der Bauer durchsetzen wird. „Und jeder Lebensmittelskandal ist gut für uns“, erklärt er, denn „am nächsten Tag sind die Kunden da“.

Weitere Informationen unter: Biobauernhof Pfaller

Ein Suchspiel: Auf Pfallers Biohof entstand während des Shootings dieses Foto, das ich über_Land-Lesern nicht vorenthalten wollte.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert